Unter einer Insektenfarm kann man sich zu Beginn vielleicht nicht viel vorstellen, deshalb haben wir unsere Züchter von Farmcycle gebeten uns Einblicke in ihren Zuchtablauf zu verschaffen.
Wie läuft eine Insektenzucht ab?
Die Zucht der schwarzen Soldatenfliege verläuft im Vergleich zu konventioneller Masthaltung sehr rasch. In zwei Wochen sind die Larven bereit geerntet zu werden. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch Ressourcen und ermöglicht uns innerhalb kürzester Zeit hochwertiges Protein zu erzeugen.
Zu Beginn der Zucht werden 25.000 Neonates in Anzuchtboxen gesetzt (das sind einen Tag alte “Baby”-Larven). Diese Anzuchtboxen werden bei kontrollierter Temperatur und Luftfeuchtigkeit 5 bis 7 Tage inkubiert. In diesem Stadium sind die Neonates noch kaum sichtbar. Gefüttert werden sie mit Reststoffen aus der Lebensmittelindustrie und Landwirtschaft. Das heißt sie bekommen Obst, Gemüse oder auch alte Backwaren. Dazu später noch mehr!
An Tag 5 bis 7 sind die Larven ca. 0,5 cm lang und können nun in größere Mastboxen umgesetzt werden. Hierzu werden 10 kg Futter in eine Box gegeben und darauf dann die 25.000 Larven. Diese Boxen werden dann auf Paletten gestapelt und in einen abgedichteten Raum mit kontrollierter Temperatur und Luftdurchströmung gestellt.
Tag 10 bis 14: Die Larven sind nun ca. 2 cm lang und wiegen im Schnitt 0,2g/Larve. Ist das Substrat in den Boxen trocken genug bzw. wurde das Futter größtenteils aufgefressen, werden die Larven geerntet. Hierzu wird der gesamte Inhalt der Boxen auf ein Sieb gegeben, wodurch das Substrat von den Larven getrennt werden kann.
Ein kleiner Teil der Larven wird für die Reproduktion aufgehoben. Diese werden dann in Reproduktionsräume (von Farmcycle auch “Love Cage” genannt) gestellt. Dort lässt Farmcycle die Larven sich verpuppen und nach und nach schlüpfen schließlich die ersten schwarzen Soldatenfliegen. Diese Fliegen legen ihre Eier dann in speziell dafür gebaute Eiablagen welche täglich entleert werden. Nach wenigen Tagen schlüpfen aus diesen Eiern wieder Neonates und an dieser Stelle beginnt der Zuchtablauf wieder von vorne.
Was bekommen die Larven gefüttert?
Als Futter werden ausschließlich Reststoffe aus der Agrar- und Lebensmittelindustrie genutzt. Als Beispiel kann hier Obst und Gemüse aus dem Lebensmitteleinzelhandel oder nicht mehr relevante Rückstellproben aus produzierenden Gewerben genannt werden. Ein Großteil des Obsts und Gemüses, dass unsere Larven serviert bekommen, stammt übrigens aus biologischer Landwirtschaft. Darüber hinaus können die Larven auch mit Biertreber oder Trester (Pressrückstände nach dem Auspressen von Säften z.B.) gefüttert werden. Sie verwerten also Lebensmittelrückstände die für den weiteren Gebrauch als Nahrung nicht mehr relevant sind. Damit retten sie diese Lebensmittel vor der Entsorgung und verwandeln die darin enthaltenen Nährstoffe in hochwertiges Insektenprotein um.
Die Reststoffe werden zu einem Futterbrei mit immer gleichbleibender Konsistenz verarbeitet. Das Futter wird sowohl für die Mast als auch für die Aufzucht verwendet.
Und was passiert mit den Ausscheidungen?
Nach der Ernte bleiben zwei Fraktionen über. Die Larven - welche weiterverarbeitet werden - und das Substrat von dem sich die Larven ernährt haben samt ihrer darin enthaltenen Ausscheidungen.
Dieses Substrat wird hygienisiert, um die Vernichtung aller darin befindlichen Kontaminanten zu gewährleisten. Das hieraus resultierende Produkt hat eine Feine, etwas Sandähnliche Konsistenz. Anschließend wird das Substrat pelletiert – also zu Pellets gepresst – um einerseits die Handhabbarkeit zu verbessern und andererseits eine Langzeitwirkung zu erzielen. Damit entsteht nach diesem Prozess hochwertiger organischer Dünger der in die Landwirtschaft rückgeführt wird.
Die Tötung der Larven
Nach der Ernte werden die Larven über Hitzeschock getötet. Dieser Tötungsprozess hat gegenüber anderen Vorgängen den Vorteil, dass die Larven in kürzester Zeit getötet werden – der Tötungsprozess dauert nur wenige Sekunden – und ihnen damit Stress ersparen bleibt.
Wie werden die Larven weiterverarbeitet?
Die Larven können unterschiedlich weiterverarbeitet werden. Je nach gewünschtem Endprodukt können sie getrocknet und als Ganzes verwendet werden, gewolft werden oder zu Mehl vermahlen werden. In diesem Fall kann das Mehl auch entfettet werden. Dabei fällt zusätzlich zu dem Mehl noch Larvenfett an, dass sich als Palmöl Ersatz hervorragend eignen kann.
Wir nutzen für unsere Leckerlis Larvenmehl. Dieses weist hohe Proteingehalte von 40% bis 60% auf und lässt sich in der Herstellung gut zu kleinen Hundekeksen weiterverarbeiten.
Und wie sieht es um die Nachhaltigkeit aus?
Die schwarze Soldatenfliege erzeugt während ihrer Zucht nur sehr wenig Emissionen. Für die Herstellung einer Tonne Larven entstehen lediglich 500 kg CO2. Im Vergleich: eine Tonne Schweinefleisch bewirkt 4.600 kg CO2 und bei einer Tonne Rind sind wir bereits bei 13.600 kg CO2.
Diese geringen Emissionen können besonders dadurch ermöglicht werden, da keine Futterpflanzen für die Larven angebaut werden müssen, denn einen großen Beitrag an den Emissionen der Landwirtschaft leisten Düngemittel. Diese erzeugen Lachgas, das als Treibhausgas deutlich wirksamer ist als CO2. Laut Umweltberatung ist Lachgas 265-mal so klimawirksam wie CO2. Daneben erzeugen Wiederkäuer wie Rinder Methan. Dieses ist im Vergleich zu CO2 28-mal so klimawirksam. Deshalb entstehen bei der Zucht einer Tonne Fleisch auch so viele Emissionen.
Welchen Wasserfußabdruck haben schwarze Soldatenfliegen?
Auch Wasser lässt sich mit der schwarzen Soldatenfliege gut einsparen. Wieder ergibt sich die gute Wasserbilanz durch den Wegfall des Futterpflanzenanbaus. Eine Tonne unserer Larven verbrauchen insgesamt 850 Liter Wasser. Andere Tiere wie Schweine oder Rinder verbrauchen bis 780.000 Liter bis 2 Mio. Liter Wasser. Hier spielt der indirekte Wasserverbrauch eine Rolle. Das Bewässern der Futterpflanzen bewirkt den größten Anteil dieses hohen Wasseraufkommens. Da unsere Larven sich von Nahrungsmitteln ernähren, die ursprünglich nicht für sie angebaut wurden, werden diese Wassermengen bei der Berechnung ihres Wasserfußabdrucks ausgelassen.
Wie viel Fläche benötigen schwarze Soldatenfliegen?
Der Bedarf an Fläche ist von Insekt zu Insekt unterschiedlich. Manche Insekten brauchen das Leben eng beieinander, andere Insekten benötigen mehr Platz, da es sonst Probleme mit Kannibalismus geben würde. Für ein friedliches Miteinander reicht der schwarzen Soldatenfliege eine Fläche von 16 m². Sie mag es gern eng beieinander. Die 16 m² Fläche kommen daher zustande, sa die Mast bei Farmcycle vertikal geschieht. Das heißt die Larven wachsen in mehreren Boxen die übereinandergestapelt werden heran und können so sehr platzsparend gezüchtet werden.
Wie viel Futter benötigen schwarze Soldatenfliegen?
Eine Tonnen Larven braucht 3.333 kg Futter. Hierbei handelt es sich wie oben beschrieben jedoch ausschließlich um Reststoffe der Agrar- und Lebensmittelindustrie, welche normalerweise entsorgt werden müssten. Im Vergleich, eine Tonne Hühner bekommen in etwa dieselbe Menge Futter, nur aus eigens für sie angebauten Pflanzen.
Wie viel Energie braucht die Zucht der schwarzen Soldatenfliegen?
Tatsächlich muss gar nicht so viel geheizt werden wie man vielleicht annehmen würde. Zwar muss während der Anzuchtphase – also in der ersten Woche – geheizt werden, jedoch erzeugen die Larven in der Mastphase durch die Verstoffwechselung und damit ihrer biologischen Aktivität so viel Wärme, dass nur dann geheizt werden muss, wenn die Außentemperatur extrem niedrig ist. Die Wärme schaffen sich die Larven also selbst, durch ihre eigene biologische Aktivität.